Das Seminar >Teil 2<

Veröffentlicht am 13. April 2025 um 11:00

Melissa hatte ein komisches Gefühl. Der Hotelbesitzer hatte sein Verhalten ihr gegenüber stark verändert. Sie wusste aber, dass Markus mit ihr angereist war. Auch wenn ihr etwas anderes erzählt wird. Irgendetwas stimmte hier nicht. Und der Zettel bestätigte das.

Atme, Melissa. Amte tief durch, sprach sie in Gedanken zu sich.

Sie wählte nochmal die Nummer, aber wieder wurde ihr gesagt, dass unter dieser Rufnummer kein Teilnehmer erreichbar war. Sie nahm den Schlüssel des Zimmers und ging hinunter zur Rezeption. Hinter der Theke stand eine zierliche Frau. Wie alt sie war, konnte Melissa nicht schätzen. Sie wirkte gepflegt, hatte gemachte Fingernägel und Wimpern, aber unter den Augen befanden sich Augenringe, als wäre sie seit mehr als 48 Stunden wach.

„Entschuldigen Sie. In unserem Zimmer wurde eingebroch. Es fehlen alle Sachen von meinem Mann.“, sagte Melissa.

„Zimmernummer!“, antwortete die Frau stotternd.

„13.“

Sie blätterte eine Weile in den Unterlagen, runzelte dabei die Stirn und dann schüttelte sie den Kopf.

„Das Zimmer ist nur auf sie reserviert.“, sagte die Frau.

Melissa schüttelte energisch den Kopf. „Nein, nein, nein. Die Reservation läuft auf meinen Mann und wir sind vor 2 Tagen gemeinsam angereist. Wo ist mein Mann? Und wo sind seine Sachen?“. Melissa´s Stimme wurde lauter.

Die Frau deutete ihr, dass sie einen Moment warten soll und holte den Hotelbesitzer.

„Herzchen, was gibt´s denn?“, fragte er.

Melissa erzählte erneut, was passiert war. Sie versuchte so sachlich und ruhig wie möglich zu bleiben, aber das Verhalten der Frau irritierte sie. Ihr Gesicht wirkte noch blasser und sie kaute auf ihren Fingernägeln nervös herum.

„Liebes, da war kein Mann bei ihnen, als sie angereist sind. Ich weiß nicht wovon sie sprechen. Sie sind vor 2 Tagen alleine gekommen.“, sagte der Hotelbesitzer.

Melissa starrte ihn ungläubig an.

„Wollen Sie mich verarschen? Ich werde doch noch wissen, ob mein Mann mit dabei war oder nicht.“

Auch das Verhalten des Hotelbesitzers veränderte sich nun. Sein Blick wurde strenger und seine Stimme energischer.

„Hören sie! Wenn ich ihnen sage, dass sie alleine gekommen sind, dann sind sie auch alleine gekommen. Vielleicht sollten sie ins Bett gehen und sich ausschlafen. Seminare können sehr anstrengend und nervenaufreibend sein! Gute Nacht!“

Er packte die Frau am Oberarm und zog sie mit sich. Melissa ließ er einfach stehen. Sie ging wieder in ihr Zimmer und lief frustriert auf und ab.

Was soll das hier? Die wollen mich doch verarschen, dachte sie.

Sie ging die letzten beiden Tage nochmal Schritt für Schritt durch. In Gedanken spielte sie alles durch. Der Flug. Die Autofahrt vom Flughafen. Die Ankunft im Hotel. Sie kam aber immer wieder auf das gleiche Ergebnis: Markus war mit dabei!

Sie konzentrierte sich so sehr auf ihre Gedanken, dass sie nicht mitbekam, dass jemanden einen weißen Zettel unter der Tür durchgeschoben hatte. Erst nach 10 Minuten bemerkte sie ihn. Auf dem Zettel stand mit zarter Schrift >Hau ab!!< geschrieben.

Das ist doch ein Scherz, dachte sie.

Sie drehte sich ein paar Mal im Zimmer herum und suchte nach Kameras.

Das ist doch so etwas wie versteckte Kamera, war sie sich sicher.

Nachdem sie aber keine Kameras fand, beschloss sie sich im Hotel umzusehen. Sie ging leise den Flur in ihrem Stock entlang und lauschte an den einzelnen Türen. Entweder schliefen alle anderen Gäste oder sie waren auch verschwunden. Das Hotel war nicht sehr groß. Es hatte nur 2 Stockwerke mit je 7 Zimmern.

Sie ging die Treppen nach unten ins 1. Stockwerk, sah sich kurz um und ging dann in das Erdgeschoss zur Rezeption. Die Theke war leicht beleuchtet falls jemand verspätet ankommen würde. Sie wollte in den Schubladen nach Hinweisen suchen, aber diese waren alle versperrt.

Sie blickte sich sorgfältig um. Sie wollte gerade umdrehen, da bemerkte sie beim Durchgang zum Frühstückssaal zwei Schilder am Türrahmen. Sie zeigten beide in dieselbe Richtung. Auf dem Oberen Stand >Keller< und darunter >Garten<.

Sie zögerte einen Moment. Wollte sie wirklich nach unten gehen und herausfinden was hier los war? Aber es ging um ihren Mann, also gab sie sich selbst einen Ruck und ging Richtung Keller. Leise öffnete sie die Tür, welche seltsamerweise nicht verschlossen war. Sie wusste nur nicht ob das ein gutes oder echt mieses Zeichen war.

Unten angekommen fand sie nichts Außergewöhnliches vor. Regale mit Lebensmitteln, Wäsche und Reinigungsmittel sowie unzählige Kisten mit Flaschen Wein. Sie ging durch den Raum und ganz hinten fand sie eine weitere Tür mit der Aufschrift >Privat<.

Genau da will ich hin, dachte sie.

Sie wollte gerade die Tür öffnen, da hörte sie Stimmen dahinter.

>Ich habe dir genau gesagt, welche Dosis sie brauchen, damit sie sich nicht mehr erinnern. Wie oft soll ich dir das noch erklären?<

Melissa erkannte sofort die Stimme des Hotelbesitzers. Dann hörte sie ihm jemanden Antworten.

>Tut mir Leid, Chef. Kommt nicht wieder vor.<

Die Frau von der Rezeption. Sie sprach viel leiser und klang nervös und ängstlich.

>Mach deinen Job richtig, oder du bist ihn los.“<

Die Stimmen wurden immer leiser also gingen sie anscheinend weg von der Tür.

Sie nahm die Türklinge in die Hand und drückte sie vorsichtig nach unten. Sie öffnete die Tür nur einen kleinen Spalt und vergewisserte sich, dass die beiden weg waren.

Als sie sich sicher war, dass sie alleine war, ging sie in den Raum hinein. Drinnen stand die Luft und sie tat sich schwer zu atmen. Es gab kein einziges Fenster, nur zwei Ventilatoren die links und rechts standen. Aber auch das half nicht. Die schwüle Luft erdrückte einem beinahe.

Mitten im Raum standen zwei riesige Kesseln hintereinander. Aus den Deckeln oben kam durch eine kleines geöffnetes Loch Dampf heraus. Der Geruch erinnerte sie an das Gulasch beim Mittagessen.

Wer kocht in Kesseln Gulasch? Vor allem in so Großen?, fragte sie sich.

Sie ging an den Kesseln vorbei, durch den Raum, und kam wieder zu einer Tür. Sie legte ihr linkes Ohr an die Tür und horchte, ob vielleicht jemand dahinter war. Als sie nichts hörte, öffnete sie so leise wie möglich die Tür.

Sie stand in einem Kühlraum. Von den Decken hingen große Fleischstücke von Rindern und auch Schweinen. Sie erkannte die Stücke an den Hufen, die noch dran waren. Langsam ging sie durch den Raum, blickte nach links und nach rechts.

Nach etwa 5 Metern, als sie ihren Kopf nach rechts drehte, schrie sie fast los. Ihre rechte Hand fand aber noch rechtzeitig den Weg zu ihrem Gesicht und presste sich auf ihren Mund.

Rechts an die Wand gelehnt, lag ihr Mann. Seine Hände und Beine waren mit Ketten gefesselt und sein Körper beinahe tiefgefroren. Sie lief zu ihm hin und schüttelte ihn.

„Markus! Wach auf!“, rief sie.

Melissa rüttelte ihn und versuchte ihn durch leichte Schläge mit der Hand gegen sein Gesicht wach zu bekommen. Er rührte sich aber nicht.

„Komm schon! Wach endlich auf!“

Sie stand auf und sah sich um. Sie suchte irgendetwas womit sie ihn hier rausschaffen konnte. Als sie ein paar Schritte weiterging, durchfuhr sie ein Schock. Sie drehte sich schnell um und musste sich übergeben.

Zwischen den Fleischstücken der Tiere hangen gut versteckt Beine und Arme von Menschen. Ihr wurde schlagartig bewusst, was genau in diesen Kesseln gekocht wurde.

Oh Gott, wir müssen hier raus, dachte sie.

 

„Man sollte seine Nase nicht in Sachen stecken, die einen nichts angehen.“, sagte eine dunkle Stimme.

Melissa blickte zu der Tür.

Dort stand der Hotelbesitzer mit dem Referenten.

Beide hatten dieses verhöhnende Lächeln in ihrem Gesicht.

„Guten Appetit!“, sagte der Referent.

Dann fiel die Tür ins Schloss und jemand schob einen Riegel vor.

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Kommentare

Susanne Will
Vor einem Monat

oh mein Gott.Kann nimmer und jetzt wieder eine Woche warten😬

Gabriele
Vor einem Monat

Nein nein nein - wie schrecklich 😱 mit so einem Ende hab ich nicht gerechnet
Arme Melissa 🙈
Wann kommt das gute Ende!!!😂

Flo C.
Vor einem Monat

Ich habe es befürchtet....😉
Super konsequent durchgezogen...gefällt Mir wieder sehr gut ....

Michael
Vor einem Monat

Ohne worte, spannend von Anfang bis Ende und vor allem sehr fesselnd 😎✌ sollte verfilmt werden 😁